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Vielen Badmintonspieler*innen stellt sich nach dem Abitur die Frage – weiterhin Leistungssport oder Studium? Obwohl das keine „Entweder-oder-Entscheidung“ sein muss, beenden viele Sportler*innen ihre Karriere nach dem Schulabschluss. So entschied sich auch David Persin gegen eine Leistungssportkarriere nach dem Abitur.

David trainierte drei Jahre lang am Landesleistungsstützpunkt in Nürnberg und besuchte parallel die Eliteschule des Sports. Der heute 19-Jährige gewann zweimal Bronze bei den Deutschen Meisterschaften der Jugend im Herreneinzel. Er war außerdem Mitglied im Nachwuchsnationalteam. David bestand dieses Jahr erfolgreich sein Abitur und begann im September das duale Studium Wirtschaftsinformatik/International Management bei Daimler in der Stuttgarter Zentrale. Monika Weigert sprach mit dem ehemaligen Nationalspieler über seine Zeit in Nürnberg und welche Skills fürs Leben der Sport ihm mitgegeben hat.

Monika Weigert: Vor einem halben Jahr hast du erfolgreich dein Abitur absolviert und bist aus deinem Zimmer im Internat ausgezogen. Wie blickst du nun auf deine Zeit in Nürnberg zurück?

David Persin: „Rückblickend war es die spannendste, aufregendste und auch schönste Zeit meines bisherigen Lebens. Zu Beginn war der Schul- und Wohnortwechsel eine ganz neue Situation für mich. Glücklicherweise konnte ich schnell Freundschaften knüpfen und ich habe mich rasch eingelebt und wohl gefühlt. Ich habe dort meine besten Freunde gefunden! Im Badminton sind wir sehr professionell an die Sache rangegangen. Die Trainer sind sehr engagiert und finden einen guten Mittelweg zwischen Freundschaft und Respektsperson. Natürlich gibt es auch ab und zu Meinungsverschiedenheiten, was aber gut und richtig ist. “

Du berichtest sehr positiv von dieser Zeit. Warum hast du dich dann gegen eine Leistungssportkarriere entschieden?

David: „Es war eine sehr schwere Entscheidung. Mit Badminton bin ich seit meiner Kindheit verbunden. Nach dem Abitur musste ich mich eben entscheiden, ob ich den Leistungssport weiter betreibe oder einen anderen Weg einschlage. Für mich hat das Interesse überwogen, erfolgreich im Berufsleben zu sein. Dementsprechend studiere ich nun und möchte mich in dieser Hinsicht weiterentwickeln.“

„Einzigartig – entwicklungsfördernd – geil!“ – so beschreibt David Persin seine Zeit in Nürnberg mit drei Worten (Foto: Markus Mehlich)

Was machst du jetzt nach dem Abitur und wie hat sich dein Alltag verändert?

David: „Ich studiere jetzt International Management for Buisness & IT. Das Ganze in Form eines dualen Studiums bei Daimler. Dafür musste ich mich bereits ein Jahr im Voraus bewerben. Das Studium begann direkt nach dem Abitur und mein Alltag hat sich dadurch stark verändert. Momentan habe ich einfach nicht die Zeit und Möglichkeiten, um viel Sport zu machen. Das war auf jeden Fall eine Umstellung von zweimal täglich Training zu höchstens zweimal wöchentlich Sport. Durch Corona sitze ich viel vor meinem Computer, da ich ausschließlich Online-Vorlesungen habe.“

Also gar kein Badminton mehr?

David: „Doch sicher! Nach dem Abitur habe ich kurz Pause genommen und mich ein bisschen von der Sportart distanziert. In dieser Zeit habe ich mich neu sortiert. In dieser Saison hätte ich gerne wieder in der Regionalliga gespielt, was momentan aber leider nicht möglich ist. Aktuell gibt es für mich auch keine Möglichkeit in einer Halle zu trainieren, aber das ändert sich hoffentlich bald wieder.“

Bei Daimler ist das Bewerbungsverfahren sehr schwer. Nur ein Bruchteil der Bewerber*innen werden schließlich eingestellt. Kam dir der Leistungssport in dieser Hinsicht zu Gute?

David: „Ja auf jeden Fall! Der Leistungssport war der ausschlaggebende Grund, weshalb ich überhaupt genommen wurde. Natürlich haben auch meine schulischen Leistungen eine wichtige Rolle gespielt, aber durch meine sportliche Karriere konnte ich mich von den unzähligen anderen Bewerber*innen abheben. Daimler hat gesehen, dass ich in einer gewissen Weise bereits weiter war als andere in meinem Alter.“

Welche Qualitäten sind in deinem Studium gefordert und wie kommt da der Leistungssport zum Tragen? Gibt es Parallelen?

David: „Durch die vielen Trainingseinheiten habe ich meine Disziplin und Arbeitsbereitschaft verbessert, was mir nun im Studium zu Gute kommt. Anstatt des intensiven Trainings muss ich nun viel lernen. Das selbständige Leben im Internat hilft mir dabei meinen Alltag zu strukturieren. Auch der Ehrgeiz lässt sich auf mein Studium übertragen – ich möchte so gut wie möglich sein, in dem was ich tue. Ich möchte das Beste aus mir herausholen. Das selbstbewusste Auftreten ist ebenfalls eine wichtige Qualität.“

Vom Badmintonfeld ins Homeoffice – der Alltag von David Persin hat sich um 180 Grad gedreht (Foto: Monika Weigert)

Vermisst du denn den Leistungssport?

David: „Sicherlich! Was ich besonders vermisse, sind die Turniere. Ich vermisse das Gefühl unter Druck zu stehen und meine Leistung abzurufen. Ich vermisse es alles auf dem Feld zu geben und mich selbst zu pushen. Dieses Gefühl fehlt mir.“

Viele junge Spieler*innen stehen nach dem Abitur vor der gleichen Entscheidung. Häufig wissen sie noch nicht, was sie nun machen wollen. Hattest du das Gefühl, die Trainer unterstützen dich gut?

David: „Ja auf jeden Fall! Die Trainer haben mich in jeder Hinsicht unterstützt. Sie machen wirklich einen hervorragenden Job. Man bekommt auch unabhängig vom Badminton andere Möglichkeiten vorgestellt. Egal welchen Weg man schlussendlich einschlägt, man wird bei jeder Entscheidung unterstützt.“

Zu guter Letzt: Hast du einen Rat für andere Sportler*innen, die vor dieser Entscheidung stehen – Leistungssport oder Studium?

David: „Man sollte diese Entscheidung ruhig angehen und sich genug Zeit dafür nehmen. Jeder sollte für sich selbst entscheiden und sich überlegen, wo man sich in der Zukunft sieht.“

Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg im Studium!